(Im Gottesdienst zum 4. Advent werden die Kirchenältesten verabschiedet)
Zu allem Ja und Amen sagen – das klingt heute nicht gut. Mit dieser Redensart wird heute bezeichnet, wenn jemand zu bequem ist, eine eigene Position zu finden und zu vertreten. Mitläufertum, Angepasstheit, so etwas klingt da durch.
Menschen, die zu allem Ja und Amen sagen, das ist nichts für die Arbeit in Leitungs-Gremien. Denn Leitung braucht auch das Ringen um beste Lösungen. Dann natürlich auch gemeinsame Entschlossenheit, zu einer Entscheidung auch zu stehen. Das wissen unsere Ältesten natürlich. So gehen vielen Entscheidungen, auch den einstimmigen, intensive Beratungen voraus. So ist es, wenn es um weltliche Entscheidungen geht: welche Heizungsform braucht es in Zukunft, zu welchen Bedingungen können Räume vermietet werden. Wie viele Personalstunden stehen für welche Aufgaben zur Verfügung.
Der Apostel Paulus und seine Kollegen Silvanus und Timotheus waren auch ganz bestimmt keine Leute, die zu allem „Ja und Amen“ sagen. Im Gegenteil: Paulus scheute sich auch nicht, mit Petrus zu streiten. Und er konnte ein ziemlicher Rechthaber sein. Und doch geht die Redewendung auf diese Verse im 2. Korintherbrief zurück. Ja und Amen. Nichts anderes sagt er an. Die Rollen sind klar verteilt.
Auf Gottes Ja folgt unser Amen. Ein Nein hat dazwischen keinen Platz. Ein Nein findet gar nicht statt. In Goethes Faust wird das Nein als teuflische Haltung angedeutet – Mephisto als „Geist, der stets verneint“. Doch Paulus schließt damit nicht aus, dass man zu Meinungen ein Nein sagen kann. Sondern es geht hier einzig und allein um das Verhältnis zwischen Gott und Mensch. Hier gilt wirklich: Es gibt nur ein Ja ohne jedes Nein. Gottes Sohn Jesus Christus ist das Ja auf die Verheißungen Gottes. Das ist etwas, woran Paulus keine Zweifel aufkommen lässt. Wer, wenn nicht Gott, steht treu, zu seinem Wort?
Die Gottesverheißungen zielen auf einen umfassenden Frieden, auf Gerechtigkeit; sie zielen darauf, dass der Logik der Gewalt und Abschreckung eine umfassende Bereitschaft zum Frieden entgegengestellt wird. Eben gerade kein Ja und Amen zum scheinbar Unvermeidlichen, zum Krieg, zum Blutzoll für die Bosheit der Menschen, sondern eine Hoffnung, die neu zu denken wagt. Ja und Amen – es ist genug Blut geflossen. Jesus Christus soll nicht umsonst gestorben sein. Er trägt das Opfer, damit kein Blut mehr vergossen werden muss, um des Menschen Bosheit willen. So wie Maria erfährt, dass Gott das Heil der Welt durch sie zur Welt bringen will, das die Mächtigen vom Thron stürzt und die Niedrigen erhöht, so wie der alte Priester Zacharias in den Blick nimmt, wovon sein Sohn Johannes eines Tages Zeuge sein wird: Vergebung der Sünden, herzliche Barmherzigkeit, ein Licht, das aufgeht bei denen, die im Todesschatten sitzen.
Diese Loblieder des Neuen Testaments bezeugen die Gültigkeit der Verheißungen Gottes. Sie stehen dafür, dass mit Jesus Christus diese neue Wirklichkeit schon anfängt. Ja und Amen, das soll uns Christen fest machen in der Aussicht auf Gerechtigkeit und Frieden, das soll uns stark machen in der letzten Hoffnung, nämlich dass der Tod seine Macht über uns verloren hat. Ja und Amen, das sagt aus, dass zwischen Gott und uns kein Blatt Papier passt. Die Brücke ist der Geist, der später in der Bibel und in der kirchlichen Lehre als Heiliger Geist bezeichnet wird. Eine Weise Gottes, in Menschen zu wirken. Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, heißt es, bevor er sein Loblied singt. Und für sich selbst nahm Paulus den Geist in Anspruch.
Nicht wir selbst erkennen Gott, sondern Gott wirkt in uns, dass wir seinen Verheißungen trauen. Der Glaube ist schließlich kein eigenes Werk des Menschen, sondern er ist ein Geschenk durch den Heiligen Geist. Der Glaube macht das Herz fest, also er stabilisiert uns Menschen bei unserer Suche nach Frieden, Gerechtigkeit und Liebe. Der Glaube wünscht sich Gott nicht so zurecht, wie er in der eigenen Vorstellung sein müsste, sondern er wird bereit zu vertrauen.
Gegen die Wirklichkeit des Todes setzen wir auf das Leben, gegen die Logik des Krieges setzen wir auf Frieden, gegen den Strudel zur Armut erhebt meine Seele Gott den Herren und Gottes Geist freut sich am Heil, das aller Welt offen steht. Dann spricht Gott sein Ja, sein Ja zum Menschen und zur Mitmenschlichkeit, sein Ja zur Vergebung und sein Ja zum gerechten Frieden, und wir Menschen antworten nicht mit Vielleicht, sondern feierlich mit.